Céline Claire und Qin Leng – Unsere kleine Höhle

Die Waldbewohner bereiten sich auf die kalte Jahreszeit vor. Sie sammeln emsig Holz und  sehen nach den Vorräten. Als ein Sturm aufzieht und der Wind zu heulen beginnt, tauchen in der Ferne zwei dunkle Gestalten auf. Zwei Eisbären suchen notdürftig eine Unterkunft. Sie bieten Tee zum Teilen an und erhoffen sich am Feuer etwas die Hände zu wärmen.

Misstrauisch schicken die Wildschweine die sonderbaren Neuankömmlinge weiter, denn ihr Feuer ist fast aus. Die Fuchsfamilie mag ihr Essen mit den Unbekannten auch nicht teilen und auch die anderen Tiere drehen ihnen den Rücken zu. Allerdings findet sich mit dem ersten Schnee die Fuchsfamilie als Hilfesuchender wieder und folgt einem hellen Licht. Wird die Eisbärenfamilie ihnen Unterschlupf gewähren?

Rezension

Céline Claire spricht eine immer wiederkehrende Thematik an, die schon fast biblisch angehaucht ist und doch, wie es scheint, immer aktuell bleibt. In diesem Bilderbuch geht es um Nächstenliebe, Großzügigkeit und Güte. In kurzen Sätzen und einer einfachen Sprache wird hier gezeigt, dass auch kleine Gesten eine große Wirkung haben können. Auch wenn die Fuchsfamilie nicht viel Essen hatte, so gab der kleine Fuchs den Eisbären eine kleine Öllampe mit auf den Weg. Wie es der Zufall so will, war genau dieses Licht der Wegweiser ihrer eigenen Rettung, gleich der Redewendung „Was man sät, das wird man ernten.“

Die Illustratorin Qin Leng setzt zarte Pinselstriche und arbeitet mit ineinander fließenden Wasserfarben. Die Farbtöne sind zurückhaltend und stilsicher reduziert. Das Spiel mit Licht und Schatten ist eine kluge und einfühlsame Weise die Botschaft der Geschichte zu unterstreichen. Es lässt sich ein Bezug zu Flüchtlingen ziehen und Menschen, die neu in eine bereits bestehende Gemeinschaft dazustoßen. Auch im Kindergarten oder Grundschule wird es „Neuankömmlinge“ geben. Hier können auch schon junge Kinder lernen, dass auch kleine Gesten, Blicke und Schritte eine große Wirkung haben können.

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Fazit

Einfühlsam geschrieben – mit einer großen Botschaft zum Thema „Miteinander“

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Dave Eggers und Tucker Nichols – Wer hat die Brücke angemalt?

Rezension

Dave Eggers erzählt eine Geschichte über Einfallsreichtum, Mut, Inspiration, Willensstärke und Durchsetzungskraft. Auf insgesamt 104 Seiten erfährt der Leser den Entwicklungsprozess der weltbekannten Hängebrücke am Eingang zur Bucht von San Francisco, der Golden Gate Bridge. Der Umfang der Seiten macht es erfahrbar wie aufwendig und zeit- und nervenaufreibend der Prozess des Baus war. Es war eine enorme technische Herausforderung eine Hängebrücke in der Länge, bei dem tiefen Wasser und den starken Gezeitenströmungen zu bauen. Der Autor nimmt den Leser mit und zeigt in kunstvollen Scherenschnitt-Abbildungen wie Entwürfe verworfen und der Transport der Einzelteile bewerkstelligt wurde. Faszinierend ist ebenfalls die Beschreibung der Tauchvorgänge, um die Brückenfundamente in dem tiefen Wasser zu befestigen.

Der Widerstand, dem sich der Planer Joseph B. Strauss über all die Jahre hinweg aussetzen musste, wurde passend als eine Ansammlung von definierenden Köpfen verbildlicht, die sich ihm immer und immer wieder in den Weg stellten. Die Farbwahl stellt einen interessanten Aspekt dar. Auch hier gab es unterschiedliche Meinungen, wobei viele das typische „Grau“ oder „Schwarz“ bevorzugten. Das Bauingenieur-Team jedoch entschied sich für das „Knallorange“ der Rostschutzfarbe, weil sich die Brücke dadurch wunderbar in die Umgebung mit den grünen Hügeln und dem blauen Wasser einfügte.

Dieses besondere Buch ist eine Liebeserklärung an das Wahrzeichen Amerikas. Und wer hätte gedacht, dass aus einem Brücken-Bau eine so spannende und unterhaltsame Geschichte gezaubert werden kann? Außerdem ist sie wahr und lässt sich in Bezug auf die Verwirklichung seiner Träume im Leben übertragen werden.

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Fazit

Eine kunstvolle Erklärung an den Zauber der eigenen Willensstärke!

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Cara Manes und Fatinha Ramos – Sonia Delaunay und ihre Farben

Charles findet eine farbenfrohe Decke, die ihm aus unerklärlichen Gründen vertraut vorkommt. Seine Mutter Sonia erklärt ihm daraufhin, dass sie es für ihn gemacht hat, als er auf die Welt kam. Als sie die Stoffstückchen zusammen nähte, hörte sie die Farben beinahe singen, als ob sie lebendig wären. Und da der Junge sich sehr über die besondere Fähigkeit seiner Mutter wundert, nimmt sie ihn mit auf eine Reise …

Sie besuchen einen Bal Bullier, Stände mit Obst und Gemüse, ein Geschäft in Amsterdam, das Sonias bunte Stoffe verkauft.

… denn Kunst kann man nicht nur anschauen, man kann darauf sitzen, sie anziehen oder darin fahren. Kunst ist überall.

Als Sonia wieder aufbrechen möchte, ist Charles noch gar nicht bereit.

Ich habe so viele Farben in meinen Augen und Musik in meinen Ohren und Ideen in meinem Kopf.

Rezension

Sonia Delaunay war eine der faszinierenden Persönlichkeiten im 20. Jahrhundert. Gemeinsam mit ihrem Mann Robert Delaunay widmete sie sich erfolgreich der abstrakten Malerei. Die farbenfrohen Kunstwerke beschränkten sich nicht nur auf die Leinwand, sondern fanden ihren Ausdruck in der Mode, Kulissen, Skulpturen oder Textilien.

Dieses Bilderbuch reißt die wichtigsten Punkte im Leben der Künstlerin an. An den wichtigsten Stationen machen Mutter und Sohn Halt und so gewinnt der Leser schnell einen Überblick über ihr Leben und ihren Schaffungsprozess. Es geht darum die Farben zu fühlen und sich auf die Kunst einzulassen. Das Leben ist schließlich Kunst.

Passend zu den Erlebnissen werden Original-Kunstwerke integriert. Der „Portugiesische Markt“ oder die „Elektrischen Prismen“, genau so wie „Le Bal Bullier“ werden passend zu Geschichte dem Leser präsentiert. Hier wird die Gleichzeitigkeit von Sehen und Hören unterstrichen. Der Lyriker Guillaume Apollinaire nannte diese Art zu arbeiten Orphismus. Charles wurde später, beeinflusst durch seine Eltern, Jazz-Experte und -Autor.

 

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Fazit

Sehen und Hören als Elemente der Kunst, die unseren Alltag in jeglichen Bereichen durchdringen.

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Samantha Friedman und Cristina Amodeo – Matisse und sein Garten

Rezension

Auf dem Büchermarkt ist vor nicht allzu langer Zeit ein weiteres Bilderbuch rund um den Künstler „Henri Matisse“ erschienen und macht damit dem Bilderbuch „Monsieur Matisse und seine fliegende Schere“ Konkurrenz. Hier konzentrieren sich die Autoren jedoch stärker auf seine Technik und Kunstwerke als auf die Person an sich.

Das Bilderbuch ist als Scherenschnitt gestaltet. Jegliche Abbildungen wurden von Cristina Amodeo ausgeschnitten und entsprechend aufgeklebt. Das Interesse des Künstlers an der „Kunst mit der Schere“ wird von einem weißen Vogel geweckt. Damit überklebt er einen Fleck an der Wand und entscheidet sich weitere Formen auszuschneiden. Das Ergebnis erinnert ihn an seine vielen Reisen und so gesellen sich mehr Fische und Algen dazu. Das Gleiten der Schere erinnert ihn an einen Vogel beim Fliegen. Schon bald sind seine Wände bedeckt: mal ist es das strahlende Blau des Himmels und mal die dunkelblaue Tiefe des Meeres. Und während sich seine Kreationen in allen Ecken des Ateliers ausbreiten, ergänzt er seinen einzigartigen „Garten“ mit einem kleinen blauen Vogel, der alles komplettiert.

Mit viel Fingerspitzengefühl kreieren die Autoren dieses Gefühl der Leichtigkeit, das der Künstler mit der Scherenkunst verband. So gelingt auch der Bogen vom weißen evtl. leeren Vogel zu Beginn der Geschichte zum blauen, schon fast lebendigen Vogel voller Liebe zur Kunst. Im Bilderbuch wurden insgesamt 8 Original-Scherenschnitte des Künstlers abgebildet. Diese wurden sinnvoll in die Handlung eingebaut und lassen sich teilweise durch aufklappbare Seiten vergrößert darstellen. So war ich sehr erfreut „Polynesien. Der Himmel“ und „Polynesien. Die See“ auf A2 zu entdecken. Diese stehen sich gegenüber und so kann die Bildbetrachtung noch viel besser vorgenommen werden.

Weitere abgebildete Original-Werke sind: „Komposition (Der Samt)“, „Komposition: Schwarz und Rot“, „Die Bienen“, „Zulma“, „Chinesische Fische“ und „Der Papagei und die Meerjungfrau“. Dieses Bilderbuch ist ein Geschenk für alle Pädagogen im künstlerischen Bereich! Unterrichtspraktische Ideen zur Umsetzung der Scherenschnitte in einer Gruppenarbeit finden sich in dem Lehrwerk „Pusteblume. Das Sachbuch. Klasse 1″. Dort ist die genaue schrittweise Vorgehensweise bildhaft dargestellt.

Blick ins Buch

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https://lmpid.de/191856

Fazit

Eine sehr gelungene Heranführung an die Scherenkunst nach Henri Matisse! Äußerst zu empfehlen!

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Bewertung: 5 von 5.

Tomi Ungerer – Warum bin ich nicht du?

Tomi Ungerer - Warum bin ich nicht du?

Die Freiheit (des Denkens) existiert, damit man sie ergreift. Und die Vernunft dient nicht bloß dazu, vernünftig zu sein. Wenn sich eine Frage, ein Rätsel als unergründlich herausstellt, dann soll es ruhig unsere Phantasie nähren und unsere Träume beflügeln (S. 7).

Tomi Ungerer widmet sich in diesem mit Leinenband umzogenen Buch unzähligen philosophischen Fragen von Kindern zwischen 3 und 11 Jahren. Diese Fragen alleine bringen den Leser zum Schmunzeln und spiegeln so wunderbar die Naivität des kindlichen Denkens wider. Bei vielen Fragen ertappt man sich dabei, dass wir tatsächlich keine 100%ig fundierte Antwort auf die Frage haben, wie z.B. bei „Warum muss man alles richtig herum machen?“ (S. 63). Tomi Ungerer stellt sich diesen herausfordernden Fragen mit viel Humor und schildert anhand von Beispielen warum z.B. Ordnung seinen Sinn hat und wann dieses verworfen werden kann und soll.

Weitere erheiternde philosophische Fragen sind:

  • Warum haben wir Lieblingsfarben?
  • Warum muss man lernen?
  • Wenn Mama wütend ist, sagt sie oft zu mir: >Es gibt aber kein „Aber!“< Aber ich glaube, das gibt es im Leben, das „Aber“. Wer hat recht?
  • Wie weiß man, ob jemand einen liebt?
  • Ist es gut, dass es Zoos gibt?

Die Antworten sind teils subjektiv geprägt und werden von Ungerers persönlichen Erfahrungen untermalt. Sie haben jedoch alle die Gemeinsamkeit, dass sie uns zum Nachdenken bringen und zum Austausch anregen. Viele Fragen werden mit Ungerers Illustrationen gestützt. Im Themenregister wurden die Fragen nach folgenden Kategorien sortiert: Angst, Denken und Wissen, Familie, Freundschaft, Geld, Gesellschaft und Moral, Kinder und Erwachsene, Kosmos und Weltall, Liebe, Mensch und menschliche Natur, Natur und Wissenschaft, Religion, Tiere, Tod, Vorurteile.

Dieses Band ist eine tolle Ergänzung für eine „Philosophieren mit Kindern“-AG. Für Diskussionen können Tipp-Karten mit Stichworten aus Ungerers Anregungen erstellt werden. Auch die Zeichnungen können eine differenzierte Stütze sein oder als Einstieg in ein neues Thema bzw. Themengebiet dienen. Daraus lässt sich auch wunderbar eine Einheit rund um „mündlicher Sprachgebrauch“ kreieren.

Tomi Ungerer - Philosohieren mit Kindern: Warum bin ich nicht du?

Tomi Ungerers erheiternde Antworten auf philosophische Fragen von Kindern.

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Raymond Briggs – Was macht der Weihnachtsmann im Juli?

Was macht der Weihnachtsmann im Juli

Die roten Bäckchen und der Rauschebart verraten uns gleich, dass es sich um den Weihnachtsmann handelt, der uns im Matrosenshirt, einem Sonnenhut und mit einem Eis bewaffnet, entgegen lächelt. Der Weihnachtsmann befindet sich in den Sommermonaten nämlich im Urlaub!

In Frankreich bedient er sich sämtlicher Klischees, verkleidet sich als angeblich typischer Franzose und klemmt sich ein Baguette unter den Arm. Da ihm das französische Essen nicht bekommt, reist er weiter nach Schottland. Hier muss er sich erst einmal an das regnerische Wetter gewöhnen, doch die schottische Musik aus dem Dudelsack macht alles wett. Und doch sehnt sich der Weihnachtsmann nach etwas wärmeren Gefilden und beschließt weiter nach Las Vegas zu fliegen. Ganz beeindruckt von der pompösen Herrichtung der Unterkunft, genießt der Weihnachtsmann das angenehme Badewetter und lässt es sich im Casino gut gehen. Als das Geld alle wird, ist es für den Weihnachtsmann Zeit mit seinen Rentieren nach Hause zu fahren, wo ihn ein Haufen von Wunschzetteln begrüßt und seine Arbeit auf ihn wartet.

Der urlaubsreife Weihnachtsmann freut sich nach der anstrengenden Weihnachtszeit auf seine wohlverdiente Erholungsreise. Mit einer oft mürrisch untermauerten Miene schimpft er über die Kälte der winterlichen Jahreszeit und hat auch in den Urlaubsländern hier und da etwas auszusetzen.

Die in Comicform gehaltenen Illustrationen von Raymond Briggs bedienen jegliche ländertypische Klischees. Der Restaurantbesuch in Frankreich ist zumindest für Erwachsene sehr unterhaltsam. Seine Sprachversuche entlocken den Lesern, die zumindest einige Brocken Französisch verstehen, so manches schmunzelnde „Ah ja!“. Für Kinder ohne Französischkenntnisse wird es schwierig der Geschichte zu folgen. Daher empfehle ich das Buch eher für Kinder ab 8 Jahren, die Comics lieben und den Weihnachtsmann einmal ganz menschlich erleben möchten.

Was macht der Weihnachtsmann im Juli

Eine mit schwarzem Humor angehauchte Weihnachtsgeschichte für all diejenigen, die dem stressigen Weihnachtstrubel entfliehen oder den Weihnachtsmann mit all seinen Schwächen erleben möchten.

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