Hans-Christian Schmidt – Liebe machen

Rezension

Ein Mann liebt eine Frau ganz doll.
Und sie ist auch ganz liebevoll.
Sie schaun sich an, sie küssen sich,
berühren sich ganz vorsichtig (…)

Dieses in Reimform verfasste Bilderbuch kommt ohne einen schambehafteten Deckmantel daher. Die Abstraktion der Figuren als Strichmännchen ist ein wahnsinnig kluger Schachzug des Illustrators. „Liebe machen“ zeigt in ehrlicher und unbefangener Art und Weise, wie zwei Menschen sich in der Steinzeit beim Beerenpflücken begegnen und wie die Anziehungskraft so weit wächst, dass sie mehr Nähe zueinander suchen und sich in ihrer Höhle zurückziehen, um ihre Liebe zu feiern.

Die offene Beschreibung der Körper, die von Lust geleitet sind, ist wahnsinnig gut umgesetzt. Hier wird etwas etabliert, was mir in anderen Aufklärungsbüchern für Kinder fehlt: Die eigenen Empfindungen und die Zeichen des Körpers lesen können und das Gegenüber nicht außer Acht lassen. Der Text bleibt verspielt und trotzdem unverblümt. Es zeigt, dass Sexualität etwas Selbstverständliches ist. Ohne Sexualität würde es keine Menschen geben. Wir wären sonst ausgestorben. So wie der Titel es bereits suggeriert, liegt der Fokus nicht einzig und allein auf dem sexuellen Akt. Das Gefühl spielt eine große Rolle, wenn es heißt „…es ist, als wärn sie eins dabei.“

Und wenn sie so zusammenfinden,
lässt sie den Penis ganz verschwinden
knapp unterm Bauch in ihrer Scheide.
Das ist sehr angenehm für beide.

Die Zeichnungen auf den Höhlenwänden zeigen die unterschiedlichsten Stellungen, in denen das Liebesspiel ausgelebt werden kann. So kommt es, dass die Steinzeitfrau irgendwann mit einem kugelrunden Bauch auf der Wiese steht und nach einigen Monaten auch ein Kind zur Welt bringt, während der Mann vor lauter „Unwohlsein“ ihr den Rücken zudreht. Die Komik der Szene zaubert auch Erwachsenen ein Schmunzeln ins Gesicht. Nun sind die beiden eine Familie und schauen beglückt auf den neuen Erdenbürger. Auf der letzten Doppelseite wechselt der Zeichenstil von den vereinfachten und leicht abstrakten Strichen zu recht realistischen Bildern der Neuzeit. Wir sehen eine frischgebackene Familie mit einem Säugling in den Händen und müssen feststellen, dass sich diesbezüglich seit der Steinzeit wenig verändert hat.

Spannend ist die Ergänzung, dass womöglich ein Folgeband geplant ist, in dem thematisiert wird, dass sich natürlich auch zwei Frauen und zwei Männer lieben können.

Wie die sich lieben,
das sei ein andermal beschrieben…

Blick ins Buch
Fazit

Für erste Fragen der Kinder rund um Sexualität und Nachwuchs bestens geeignet!

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