Frauke Angel und Meike Töpperwien – Vorsicht, frisch geschieden!

Ich besuchte vier Wochen lang Schulklassen und überprüfte zunächst die Statistik. Die behauptet ja, es müssten in jeder Klasse etwa vier bis sieben Scheidungskinder sitzen. Und wow! Das war wirklich so.

Seite 10

Während es bereits einige Bilderbücher zur Thematik „Scheidung und Trennung“ gibt, sind Kinderbücher eher rar gesät. Dabei fällt besonders den Heranwachsenden es oft schwer darüber zu sprechen, sodass es viele vorziehen, diese Phase der Trennungszeit mit sich selbst auszumachen. Dieses Survival-Buch ist nicht nur ein Informationsbuch, sondern auch ein emotionaler Begleiter, der zeigt, dass man mit den Ängsten, Sorgen und Fragen nicht allein ist. Es macht Mut für den Neustart mit den verändernden Lebensumständen.

Frauke Angel teilt das Buch in drei grobe Abschnitte ein und schildert, was vor der Scheidung passiert und welche Gründe dazu führen können, dass Eltern getrennte Wege gehen. Die Scheidung an sich nimmt die meisten Seiten für sich ein, wo es um das Trennungsjahr geht, den ganzen Papierkram und die Aushandlungen der beiden Parteien. Der Ratgeber wird mit der Phase „Nach der Scheidung“ abgerundet, wo der Blick auf „Gefühle, Gesundheit und Geld“ geworfen wird. Hier werden auch die wichtigsten Tipps für Eltern und Kinder als Übersicht zusammen gefasst.

Meike Töpperwien schafft es dem Thema die Schwere zu nehmen und zaubert in leichten und unterhaltsamen Szenen, dass Liebe und Schmerz Hand in Hand gehen. Der Fließtext wird von Interviews unterbrochen oder mit Fakten geschmückt. Andere Kinder erzählen von ihren Erfahrungen und ihrem Umgang mit der Trennung. Positiv sei hervorzuheben, dass die Autorin mehrmals betont, dass Kinder niemals Schuld an der Trennung sind. Diesen Glaubenssatz verfolgen und verinnerlichen Kinder, sodass die explizite Erwähnung dieser Tatsache absolut notwendig ist.

Die gute Nachricht ist also: Ihr seid nicht der Grund, warum die Ehe eurer Eltern schiefgegangen ist. Die schlechte Nachricht ist allerdings: Ihr könnt nichts daran ändern.

Seite 53

Besonders spannend ist der Abschnitt zu den unterschiedlichen Modellen und den Rechten der Kinder. Was ist das Residenzmodell, Wechselmodell oder das Nestmodell? Wie kann eine dauerhafte, vertrauensvolle Bindung zu beiden Elternteilen gelingen, wenn man nicht unter einem Dach lebt? Auch die Tipps sind sehr geradeaus und bringen viele Dinge unbeschönigt auf den Punkt. Hier wurde sogar eine Ausschneidelinie berücksichtigt, sodass man es heraustrennen und am Kühlschrank befestigen kann.

Übermittelt uns keine Nachrichten für Mama und Papa. Wir sind doch nicht die Post!

Seite 119

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Dagmar Geisler – Was, wenn Eltern auseinandergehen?

Rezension

Es ist nicht so leicht, einen Anfang zu finden, um über diese Dinge zu reden.

Eine „Trennung“ oder „Scheidung“ kommt vor. Das tut allen Beteiligten weh und macht vielen Kindern Angst. Dagmar Geisler geht dieses Thema ganz behutsam an und pflanzt den inhaltlichen Samen in eine Kindergartengruppe, in der Marie den anderen Kindern erzählt, dass die Eltern ihrer Freundin sich scheiden lassen wollen. Es folgt ein spannender Austausch aus Kindersicht.

Auf der Metaebene wird zwischendurch erklärend eingestreut, dass die Liebe zwischen Mutter und Vater vergehen kann. Es wird glücklicherweise ein Unterschied zur Bindung zum Kind gemacht. Diese Art der Liebe bleibt für immer bestehen. Es wird kindgerecht der Weg bis zum schlussendlichen Auseinandergehen gezeigt.

Manchmal sitzen sie bloß da.

Manchmal weinen sie.

Manchmal streiten sie und manchmal fährt einer plötzlich weg…

Einige Kindergartenkinder werfen ein, dass deren Eltern sich auch streiten, was natürlich Angst schürt. Erfreulich ist, dass ein anderes Kind deutlich macht, dass Streit in Ordnung ist, solange sie sich vertragen. Für alle Beteiligten hilft in so einer Situation zu reden. Schließlich werden auch positive Entwicklungen aufgezeigt, die so eine Trennung mit sich bringen kann. Hier gibt es verschiedene Wege, sei es eine neue Familienkonstellation in einem Patchwork-Rahmen oder der nun wieder fröhliche Vater mit einer neuen Freundin.

Pädagogisch sinnvoll ist die Idee zum konkreten Umgang mit den Ängsten und Sorgen in Form eines „Wunschzettels“. Auch wenn die Wünsche womöglich gar nicht in Erfüllung gehen, sie sind zunächst raus und das alleine erleichtert schon ungemein. Hier wird eine Gesprächskultur forciert, die ermöglicht angstfrei und sachlich über das sensible Thema zu sprechen. Ein offener Umgang erleichtert auch Kindern die Verarbeitung und fängt sie in diesem neuen Lebensabschnitt auf.

Blick ins Buch

Fazit

Eine offene Gesprächskultur hilft, mit den Gefühlen zurecht zu kommen.

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Marcus Sauermann und Uwe Heidschötter – Der Kleine und das Biest

Monster sind gemeine Ungeheuer, die nicht nur von ihrem Erscheinungsbild auf Kinder erschreckend wirken, sondern auch von ihrer Art her sehr angsteinflößend sind. Dumm nur, wenn man genau so ein Biest zu Hause hat und es ausgerechnet die eigene Mutter ist. In manchen Lebensumständen verwandeln sich Mütter in Biester und wirken abwesend, launisch, gleichgültig, depressiv und  emotional. Der Kleine weiß, dass sie dann viel Liebe, Zuneigung und Verständnis benötigen. Ein Treffen mit einer alten guten Freundin hilft genauso wie weinen, sich ablenken, spielen, einkaufen … und wenn man Glück hat, verwandelt sich das Biest irgendwann wieder in deine Mutter …

Dieses Bilderbuch zeigt ein herzzerreißendes Abbild der Gefühlswelt von Scheidungskindern. Die Illustrationen erinnern an ein Cartoon, was natürlich daran liegen mag, dass Uwe Heidschötter über diese Thematik zunächst für das ZDF einen Zeichentrickfilm entwickelt hat. Erst nach dem großen Erfolg entstand dieses Bilderbuch. Die meisten Illustrationen wirken überbelichtet und scheinen wie durch einen warmen Schleier hindurch zu schimmern. Die Traurigkeit bekommt dadurch ein noch größeres Gewicht und die Schatten, die die Hauptcharaktere besonders am Anfang immer begleiten, eine besondere Schärfe und Aufmerksamkeit.

In diesem Buch ist das Kind der Protagonist und zeigt aus in einer äußerst einfachen, kindgerechten und doch sehr mitfühlenden Perspektive, dass Trennungen und Scheidungen viele Veränderungen mit sich bringen. Auch die Welt des Kindes verändert sich, sie übernehmen automatisch mehr Verantwortung und erleben wie zwei Menschen, die sich zuvor geliebt haben, sich nun doch entfremden und nicht mehr allzu freundlich zueinander verhalten. Dem Kind wird nun eine sehr bedeutende Rolle in dem „Heilungsprozess“ für alle Beteiligten zugeschrieben.

Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, die den „Verwandlungsprozess“ beschleunigen können und verdeutlichen, dass manche Biester in der Tat mehr Zeit benötigen und damit verbunden mehr Fürsorge, Akzeptanz und Mitgefühl seitens der Kinder. Dieses Bilderbuch hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck, da es schafft sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen Empathie zu wecken und mit dem kleinen Jungen diese schwierige Zeit quasi hautnah zu durchleben.

Der Zeichentrickfilm ist ebenfalls sehr sehenswert: Der Kleine und das Biest

Dieses Bilderbuch reißt einen emotional von der ersten Seite mit und hinterlässt eine traurige Schwere, Mitgefühl und aber auch Hoffnung!

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