Cornelia Boese und Daniela Bunge – Wie eine Erbse kurzerhand die richtige Prinzessin fand

Der Tannenbaum war ruhelos,
er wuchs und wuchs und wurde groß,
erwartete die Weihnachtszeit
im dichten, dunkelgrünen Kleid.

Märchen bekommen dank dieses Vorlesebuchs, welches sie in Reimen erzählt, ein ganz neues, zauberhaftes Gewand. Es liest sich durchweg leicht und stimmig. Man gleitet von Seite zu Seite und verliert sich in der Schönheit der Sprache und staunt, dass Inhalt und Wortgut so fließend miteinander verschmelzen.

Hier wurden insgesamt acht Märchen von Hans Christian Andersen umgedichtet, wobei bekannte und einige eher unbekannte vorgestellt werden. So war mir persönlich das weihnachtliche Märchen „Der Tannenbaum“ neu. Die Lehre ist eine zeitlose. Der Tannenbaum glaubt fest daran, dass sein Leben erst dann richtig beginnen würde, wenn er größer wäre. In seinem Kopf spinnt er unentwegt Zukunftspläne, die stets die Gegenwart übertreffen. Erst am Ende seines Lebens erkennt er, dass es gute Zeiten gab, die er nicht geschätzt hat.

Ich kann von Weihnachten berichten:
wie herrlich man mich dekorierte,
was glitzernd meine Zweige zierte…
Die kleinen Mäuse staunten: „Oh!
Du alter Baum, was warst du froh!“
„Das stimmt, ich hatte sehr viel Glück…“
Er wünschte sich die Zeit zurück
und dachte: „Holt man mich aufs Neue,
versuch ich, dass ich mich mehr freue!“

Das Märchen „Der Schweinehirt“ hat es glücklicherweise auch in die Auswahl geschafft. Es handelt von einer Frau, die sich einen Mann wünscht, der ihre oberflächlichen materiellen Wünsche erfüllt. Sie sehnt sich nach Geld statt Liebe. Statt auf die Werte des jungen Mannes zu achten, wählt sie den Schweinehirt wegen seiner Geschenke.

Die zarten Illustrationen lassen einen träumen und hüllen die Botschaften in einen warmen Schleier. Mit dieser Buchempfehlung wünsche ich Euch märchenhafte Weihnachten mit wertvollen Momenten, statt materiellen Geschenken und hoffe, dass ihr so weise wie der alte Tannenbaum, die Zeit mit euren Lieben genießen könnt. Frohe Weihnachten!

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Heinz Janisch und Maja Kastelic – Hans Christian Andersen: Die Reise seines Lebens

Rezension

Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.
(Hans Christian Andersen)

Der dänische Schriftsteller sämtlicher weltbekannter Märchen wird in diesem Bilderbuch selbst zur Hauptfigur und spielt in der Darstellung seines Lebens mit. Heinz Janisch verfasst hier eine erinnerungswürdige Hommage an den bekannten Dichter und zeigt mit viel Einfühlungsvermögen seine Lebensreise mit allen Stationen im literarischen Schaffensprozess.

Elsa sitzt mit ihrer Mutter in einer Kutsche auf dem Weg nach Kopenhagen. Mit einem hageren, großen Mann, der sich selbst als „alt und jung“ bezeichnet, kommt das neugierige Kind schnell ins Gespräch. Hans Christian Andersen erzählt ihr das Märchen seines Lebens, denn um träumen zu können, braucht man vielleicht auch die Fantasie der jungen Kinder, die alles möglich erscheinen lässt.

Seine Kindheit hatte Löcher, vergleichbar mit denen, die sein Vater als Schuster stopfte. Vor dem Zubettgehen lauschte er deshalb umso erfreuter den wundersamen Begebenheiten in den Märchen der Gebrüder Grimm, die sein Vater ihm vorlas. Das Märchenbuch hatte ihm Flügel geschenkt, die er später nutzte, um selbst Bücher und Geschichten zu schreiben. Die Stationen in seinem Leben hat seine Mutter recht wahrheitsgetreu zusammengefasst:

„Ein armer Junge zieht los. Er besitzt nichts als seinen Verstand und ein gutes Herz – und am Ende wird er ein Königreich gewinnen …“

Der Leser verfolgt zwei Erzählstränge, die durchmischt und mit Unterbrechungen erzählt werden. Zum einen sehen wir den Schriftsteller im Hier und Jetzt in der Kutsche und lauschen der Unterhaltung mit dem kleinen Mädchen und zum anderen gibt es immer wieder die einblendenden Ereignisse aus seinem Leben. Die Illustrationen unterstützen farblich den Verstehensprozess. Die vergangenen Rückblicke werden im schwarz-weißen und teils gelblich-bräunlichen Farbton gezeigt, während die Gegenwart in Pastelltönen erstrahlt. Auf einer anderen Ebene verschwimmen die Märchen mit Andersens Leben und er offenbart, was die Geschichten mit seinem Leben gemein haben. Ein Stückchen der Tür zum Herzen des Schriftstellers wird uns geöffnet und die Lehren seiner Märchen zusammengefasst, immer mit einem kleinen Bezug zu seiner Person und seinem menschlichen Wesen.

Um dem Bilderbuch vollends folgen zu können, braucht der Leser einen gewissen Bezug zum Schriftsteller. Es ist auch von Vorteil, wenn seine Märchen, die zur Weltliteratur zählen, größtenteils bekannt sind, sodass das Lesealter etwas nach hinten verschoben werden könnte. Kinder ab ca. 8 Jahren werden sicherlich einen guten Anschluss finden.

Blick ins Buch

Fazit

Die Reise des Lebens – Traum und Wunsch!

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