Agnès de Lestrade und Valeria Docampo – Die große Wörterfabrik

Ein Bilderbuch über Sprache, Macht und soziale Ungleichheit

Die große Wörterfabrik“ ist ein poetisches Bilderbuch, mit seiner tiefgreifenden Symbolik und Gesellschaftskritik, das auch schon für Kinder gut geeignet ist. Die Autorin und Illustratorin schaffen ein vielschichtiges Werk über Sprache, Liebe und soziale Gerechtigkeit.

In einem fiktiven Land muss man Wörter kaufen und schlucken, bevor man sie aussprechen kann. Sprache ist hier somit ein Luxusgut. Wer arm ist, kann sich kaum Worte leisten — wer reich ist, kann reden, beeinflussen, bestimmen. In dieser Welt lebt der schüchterne Paul, der nur wenige Wörter besitzt, aber sie dennoch einsetzen will, um seiner Freundin Marie seine Liebe zu gestehen. Doch sein Konkurrent ist reich und daher auch wortgewandt. Paul kann dennoch Marie seine Zuneigung zeigen und so merken die Leser, dass Kommunikation auch mit Gestik und Mimik stattfinden kann.

Die zentrale Kritik des Buches richtet sich gegen die Kommerzialisierung von Kommunikation und die soziale Ungleichheit, die dadurch entsteht. Worte als käufliche Ware — das ist eine kraftvolle Metapher für reale gesellschaftliche Strukturen, in denen Bildung, Ausdrucksfähigkeit und rhetorisches Geschick oft vom sozialen Status abhängen.

Die Geschichte prangert subtil, aber deutlich an, wie der Zugang zu Sprache und Ausdrucksmöglichkeiten zur Frage des Geldes wird. In der Realität sind es oft wirtschaftliche Bedingungen, die darüber entscheiden, wie frei und wirksam jemand kommunizieren kann — sei es durch Bildung, kulturelles Kapital oder mediale Reichweite. Das Buch zeigt, wie diese Ungleichheit Machtverhältnisse verfestigt: Wer die Sprache kontrolliert, kontrolliert auch das Denken und Handeln anderer.

Gleichzeitig offenbart „Die große Wörterfabrik“ aber auch die Kraft weniger, aufrichtiger Worte, was die Bilder einfach zauberhaft einfangen. Pauls sparsamer, aber ehrlicher Ausdruck von drei, vermeintlich bedeutungslosen Worten von „Staub, Kirsche und Stuhl“ übertrifft schließlich die leeren, pompösen Phrasen seines reichen Rivalen. Damit stellt das Buch eine hoffnungsvolle Gegenbotschaft auf: Echtheit und Gefühl können materielle Nachteile überwinden.

(Amazon-Link)

Hanna Grubhofer – Was brauchst du?: Mit der Giraffensprache und Gewaltfreier Kommunikation Konflikte kindgerecht lösen

Rezension

Gino Giraffe fungiert als Mediator, bevor ein Streit eskalieren kann. Mit der Giraffensprache schafft es Gino im Sinne der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg, die Bedürfnisse der Beteiligten zu umreißen. Alternative Lösungsvorschläge werden auf den Mit-Mach-Seiten gesammelt, wobei immer mehrere Lösungen in Frage kommen. Das Ziel dieses DIN-A5-Büchleins ist es, Kinder darin zu bestärken, ihre Gefühle und Bedürfnisse auszusprechen, ohne wie ein Wolf zu „knurren“, indem sie anfangen zu treten oder zu schlagen.

Hier werden insgesamt 7 voneinander unabhängige Streitsituationen dargestellt. Auf der rechten Seite finden sich stets farbige Aquarellillustrationen, die völlig ohne Text auskommen. Sie lassen sich daher auch sehr gut vergrößern und zu Erzählzwecken nutzen. Bei manchen Geschichten empfiehlt es sich die Handlung frei zu erzählen, statt vorzulesen, weil man Kinder so viel mehr mitnehmen kann.

Ein Beispiel einer Streitsituationen, die im Buch aufgegriffen ist, ist die Problematik von Igel Igor, der aus vielen Herbstblättern einen Haufen für seine Höhle gebaut hat. Ziege Zita kommt angerannt und rammt ihre Hörner so sehr in den Haufen, dass die Höhle zusammen fällt. Igor Igel ist entsetzt und regt sich auf, während die Ziege sich verwirrt umschaut. Gino Giraffe kommt dazu und regt zum Nachdenken an: „Was könnt ihr jetzt machen, damit Igor einen sicheren Ort für den Winterschlaf hat und Zita sich austoben kann?“. Diese Situation ist recht alltagstauglich, wenn jemand z.B. die Sandburg eines anderen kaputt macht. Die vorgeschlagene Lösung ist dagegen etwas unbefriedigend, wenn es heißt: „Zita Ziege tobt über die Wiese und Igor Igel kümmert sich alleine um seine Höhle.“ Irgendeine Art der Wiedergutmachung wäre durchaus sinnvoll gewesen. Erfreulich ist dafür, dass auf den Mit-Mach-Seiten immer Raum für eigene Ideen bleibt.

Diese Form des wiederholten Perspektivwechsels hilft den Kindern, deutlicher und bewusster die Ursachen der Konflikte zu verstehen und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Blick ins Buch

 

 

Die Einübung der Giraffensprache bedarf vielfältiger Übungsmöglichkeiten. Daher empfiehlt es sich spiralcurricular das Konzept immer wieder einzubauen, um den Kindern mehr Handwerkszeug mitgeben zu können. Eine Ergänzung stellt das Material Respektvoll miteinander sprechen – Konflikten vorbeugen aus dem Verlag an der Ruhr dar, in dem 10 Trainingsmodule für den schulischen Gebrauch zusammengestellt wurden.

2019-10-05-10-23-42-318(1)

Fazit

Situationsbedingte Anwendung der Giraffensprache im Sinne der gewaltfreien Kommunikation.

(Amazon-Link)

Hye-Suk Uhm – Kleine Entdecker-Wie die Tiere miteinander reden

Wie die Tiere miteinander reden

Aufbauend auf Watzlawicks metakommunikativem Axiom „Man kann nicht nicht kommunizieren“ wird zunächst am Anfang des Buchs geklärt, wie Menschen sich untereinander verständigen. Doch wie zeigen eigentlich Tiere ihre Gedanken und Gefühle?

Die Bandbreite der behandelten Tierkommunikation reicht von Fröschen, Pavianen, Glühwürmchen, Tintenfischen, Flusspferden, bis hin zu Honigbienen, Löwen, Fledermäusen, Pferden, Elefanten und vielen weiteren Tieren. Wer von den Tieren singt? Wer führt einen Tanz auf? Wer versucht besonders hübsch auszusehen? Und was bezwecken die Tiere mit ihren Kommunikationsmitteln? Was heißt es, wenn eine Biene die Form eines Kreises „tanzt“? Was bedeutet das aufgeplusterte weiße Fell auf dem Hinterteil von Antilopen? In kurzen Texten wird in verständlichem und sachlich-informativem Ton versucht den Sachverhalt darzustellen. Bunte Illustrationen unterstützen das Beschriebene.

Dieses Sachbuch  über die verschiedenen Arten der Tierkommunikation trägt erheblich zur Allgemeinbildung kleiner Entdecker bei. Oft sind es Themen, die ebenfalls im Sachunterricht der Grundschule behandelt werden. Die dargestellte Bandbreite und die Unterschiedlichkeit der Kommunikationsmittel ist schon sehr beeindruckend. Ebenfalls wertvoll sind die gelungenen Illustrationen, die das Gelesene noch einmal bildlich verdeutlichen. Und letztlich wird man feststellen können, dass Menschen durchaus die Gedanken der Tiere durch genaues Beobachten ihres Verhaltens entschlüsseln können.

Sollten die kleinen Entdecker noch mehr zu diesem Thema wissen wollen, steht ein ausführlicher Informationstext am Ende des Buches zur Vertiefung der Materie bereit. Es kann aber auch Eltern dazu dienen, sich auf das Thema vorzubereiten und die Informationen beim gemeinsamen Betrachten mündlich einfließen zu lassen.

Wie die Tiere miteinander reden

Naturwissenschaftliches Basiswissen vernetzt mit kindlichen Alltagserfahrungen

bei amazon.de