Timon Meyer und Julian Meyer – Pauls Garten

Rezension

Die Meyer-Brüder konnten bereits mit ihrer Autoren- und Illustratoren-Kunst bei den Bilderbüchern „Heute nicht“ und „Rolf röhrt“ mehr als überzeugen und auch „Pauls Garten“ braucht sich hier nicht verstecken. Text und Bild ergänzen sich auf so eine natürliche symbiotische Art und Weise, dass das Eintauchen in die Geschichte ein Leichtes ist.

Paul ist ein leidenschaftlicher Gärtner und sein Gemüsebeet strotzt nur so vor saftigen Tomaten, scharfen Chilis und prallen Trauben. Die Bienen fühlen sich hier pudelwohl und haben alle Flügel voll zu tun. Von morgens bis abends beackert Paul seinen Garten und versorgt die Pflanzen mit Wasser, sät Samen aus und jät Unkraut. Da kommt ihm die neugierige Erna sehr gelegen, die wissbegierig über den Gartenzaun schaut. Die angebotene Hilfe nimmt Paul liebend gerne an und weist sie in die Gärtnerkunst ein. Gemeinsam düngen sie bis das Gemüse bis zur vollen Pracht sprießt. Als Erna die noch nicht ganz reifen Tomaten kosten möchte, warnt Paul, dass die Erntezeit und damit die Belohnung für die mühevolle Arbeit noch ein paar Tage auf sich warten lassen muss.

Doch wo sind die Radieschen?
Ach herrje, du liebes Lieschen!

Die Beete leer, die Bäume kahl.
Paule im Gesicht aschfahl.

Die Auflösung nach dem ersten Schreck lässt nicht lange auf sich warten. Hier kommen wichtige Werte ins Spiel, denn nach der Hilfsbereitschaft, die Erna Paul gegenüber an den Tag gelegt hat, in Verbindung mit ihrer Herzensgüte, was ihren Charakter letztlich auch ausmacht, kann der Leser sehr gut ihre weiteren Handlungen nachvollziehen. Es kann ihr keiner böse sein. Doch wie weit kann Herzenswärme und Güte gehen? Gibt es womöglich Grenzen?

Auch hier wurde die Gefühlsebene in den Gesichtausdrücken der Charaktere illustratorisch unglaublich gut eingefangen. Es wimmelt nur vor Emotionen und man leidet als Leser mit dem lieben Paule mit. Die ganze Mühe umsonst? Mein Lieblingsbild ist übrigens die Darstellung der beiden Freunde unter der dicken, schwarzen Wolke. Sie blicken verletzt, enttäuscht und zermürbt drein. Die Körper sind sich zugeneigt, doch die Augen voneinander abgewandt. Hier hat sich Schmerz ausgebreitet, wenn auch ungewollt und ohne boshafte Absichten, was an dem Resultat trotzdem nichts ändert.

Gleich der Redewendungen „Was du Anderen (Gutes) tust, kommt irgendwann zu dir zurück“ oder „Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus“, werden Paul und Erna von den Tieren letztlich reich beschenkt. Viel besser passt wohl noch das Sprichwort „Wie man sät, so erntet man“. Der Kreis des Gebens schließt sich zum Ende der Geschichte auf eine sehr wohltuende Art und Weise. Vielleicht ist das was die Freunde bekommen, letzten Endes auch das, was die menschliche Seele am meisten nährt? Nächstenliebe?

Blick ins Buch
Fazit

„Wie man sät, so erntet man“ – Gutes tun, tut gut!

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Bärbel Oftring und Isabel Müller – Schau mal, eine Spinne!

Schau mal, eine Spinne

Schau mal, so ein schönes Spinnennetz! (…)
Pfui! Igitt!, denkst du jetzt vielleicht, denn viele Menschen fürchten sich vor Spinnen.

Der Leser wird durch die direkte Ansprache gleich in die Sachgeschichte geholt und befindet sich so mitten im Geschehen. Die Zeichnungen sind alle sehr geradlinig, naturgetreu und wenig verspielt. Die Abbildung des Realistischen ist hier das Ziel.

Wir erleben eine Kreuzspinne beim ausgeklügelten Bau ihres Radnetzes und erfahren warum es aus glatten Lauffäden und klebrigen Fangfäden besteht. Schon bald hat sich das erste Opfer im Netz verfangen. Hierbei ist etwas Geduld nötig, denn erst wenn die Beute erschöpft ist, kann die Spinne zuschlagen. Anschließend betrachten wir dank der vergrößerten Darstellung, fast wie bei einer Lupe, uns die einzelnen Körperteile ganz genau an. Wir zählen die Beine, schauen uns die Augen an, die trotz der großen Anzahl nur wenig sehen können und lernen, dass Spinnen mit ihren Beinen auch hören, riechen und Erschütterungen spüren können. Das Wachsen und die damit einhergehende Häutung, sowie die Paarung und das Schlüpfen der Spinnenbabys runden thematisch dieses tolle Sachbilderbuch ab.

Diese informative Darstellung wäre schon genug gewesen, um meine Begeisterung zu wecken. Aber nein, da ist noch viel mehr! Auf jeder Doppelseite verbirgt sich eine Klappe, die auf das Sachwissen noch genauer eingeht. Da ist eine große Schatzgrube und bringt sicherlich alle Pädagogen-Augen zum Glänzen. Hier werden unterschiedliche Netzarten, Spinnwarzen, Schritt-für-Schritt-Bau eines Radnetzes, der Körperbau von Männchen und Weibchen, die Kokonablage und noch einiges mehr sehr detailliert dargestellt und beschrieben.

Die Autorinnen regen zum Schluss zum kindlichen Aktionismus an und schlagen vor ein „Forschertagebuch“ anzulegen, um eigene Beobachtungen festzuhalten. Beispielhaft werden acht Einträge gezeigt, die alle mit einem Datum, einer Zeichnung und einem kleinen Text versehen sind. Ein Steckbrief einer „Garten-Kreuzspinne“ schließt dieses tolle Werk.

Ich ende meine Rezension mit einem schon fast poetischen Zitat, wodurch das Buch sich in mein Herz geschossen hat. Kann man das Paarungsverhalten noch schöner und kindgerechter erklären?

Es tanzt und zupft rhythmisch am Netz des Weibchens – eine lautlose Spinnenmelodie.

Bilderbuch Schau mal eine Spinne!

Sehr lohnenswertes Sachbilderbuch mit vielen aufregenden Informationen in den Klappen.

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